Arealentwickler Odinga: «Die Stadt Schaffhausen braucht so etwas wie ein ‹Ron Orp›»

April 9, 2023

Er ist der Arealentwickler beim Neuhauser SIG-Areal: Beat Odinga erklärt, welches seine Ansatzpunkte punkto Identität und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt wären.

Die Antwort von Beat Odinga, ob ihn die Ausschreibung der Stadt Schaff­hausen für das Mandat einer «Koordinationsstelle Innenstadtentwicklung» nicht gereizt hätte, ist von einem kurzen Auflachen begleitet: «Ich habe doch gar keine Zeit.» Kein Wunder, als Arealentwickler auf dem riesigen Neuhauser Ex-Industriegelände der SIG stehen ihm gewichtige Schritte bevor: Ein Hotel wird dort realisiert, neue Arbeitsplätze werden geschaffen und nach der Pandemie gehe es auch um die Ansiedlung neuer Jungunternehmer. «Und bald wollen wir das sogenannte Belvedere, die Aussichtsplattform überm Rheinfall beim Rhyality, aufwerten.»

Wir treffen den 62-Jährigen auf dem Herrenacker, der auch nach der Sanierung eines ist: weit, offen, weitgehend menschenleer. «Das kann, das muss ein Citymanager ändern», sagt Odinga, der – so viel Transparenz muss sein – bei der neuen Überbauung beim Jezler-Areal involviert ist. Die grösste offene Fläche in der Stadt müsste saisonal besser bespielt sein, findet er. «Da könnte mit einfachen Mitteln, mit rasch auf- und wieder abbaubaren Elementen in der Mitte oder am Rand des Platzes, sehr gut ein gastronomisches Pop-up realisiert werden.» Konkurrenz belebt das Geschäft auch der ­wenigen anderen Gastro-Unternehmer rund um einen Platz, der von Verwaltungsgebäuden, der Warenanlieferung eines Waren­hauses, dem Casino und dem Theater dominiert ist.

Kein ständiges Festzelt

«Die Leute wollen sich begegnen», sagt Odinga – das sehe man an diesem Gründonnerstag auf dem Fronwagplatz. Und darauf müsse sich die Rolle des Citymanagers eben auch fokussieren. In seinen früheren Mandaten, namentlich in Uster, hat er durchgesetzt, dass es kleine, spontane Events gab («Guerilla-Aktionen» nennt er es), wo Gewerbetreibende oder Gastronomen den öffentlichen Aussenraum nutzen konnten. «Die Voraussetzung ist, dass die Behörden genauso spontan mitziehen und einmalige Aktionen nicht durch Auflagen erschweren.»

Es gehe dabei darum, den innerstädtischen Aussenraum zur identitätsstiftenden Fläche umzufunktionieren. «Und dies nicht als ständiges Festzelt, sondern durch gezielte, überraschende und auch wiederkehrende Aktionen. Der Citymanager müsste in diesem Sinne als Kurator auftreten.» Und dennoch brauche es keine Begegnungszonen auf Vorrat. «Es braucht nicht überall Sitzbänkli. Besser sollte man die bestehenden Miniplätze neu denken, ortsspezifisch gestalten und vor allem auch entschlacken.» Beim Fischmarkt, wo der heutige Wochenmarkt seinen Platz hat, gefällt Odinga die Enge. «Die Leute wollen sich in den engen Altstadtgassen manchmal im Pulk aneinander vorbeibewegen, das gehört einfach dazu.» Hier regt er an, die relativ raumgreifenden Stangen rund um die Baumbeete vor dem St. Johann zu überdenken. «Wenn kein Markt ist, könnte dieser Platz vor der imposanten Kirchenseite noch eleganter und einladender wirken.»

Ein «Wir-Gefühl» tue not

Denn einladend soll die Stadt natürlich für Kunden von ausserhalb – und Touristen – sein, aber es gehe nicht ohne die Bewohner, die den Stadtraum jeden Tag benutzen. «Hier muss der Citymanager als ‹Kümmerer› auftreten und sich Gedanken machen, wie man ein Wir-Gefühl schafft. Er müsste mit den Geschäften eine Kampagne lancieren à la ‹Wir kaufen aus Liebe zur Altstadt hier ein›.»

Weiter geht der kleine Stadtrundgang in die Unterstadt. Odinga stört hier ein wenig das Potpourri an Gestaltung und Mobiliar im Raum vor den Geschäften und Restaurants. «Hier würde ich ver­suchen, mit allen Erdgeschossmietern auf ein gemeinsames Erscheinungsbild hinzuarbeiten. Die Gasse würde so enorm dazugewinnen, obwohl sie schon heute lebendig ist.»

Und schliesslich werde nichts ohne ­digitale Vernetzung gehen. «Der urbane Raum in Schaffhausen muss auch digital aktiviert werden. Deshalb ist so etwas wie ein ‹Ron Orp› in Zürich in Schaffhausen überfällig.» Die Plattform bietet seit 19 Jahren in nunmehr sechs Schweizer Städten Infos zum Einkaufen, zu Ausgang, Trendsund Gastronomie sowie Inserate und Wohnungsanzeigen. Und – so viel Transparenz muss sein – Beat Odinga ist bei RonOrp beteiligt.

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