Das sind die neuen Innenstadt-«Kümmerer»

March 21, 2023

Was in anderen Städten ein Citymanager macht, übernimmt in der Stadt Schaffhausen ein Team um Lukas Ottiger: Die Stadt vergibt das Mandat für eine Koordinationsstelle Innenstadtentwicklung an die Agentur LoF* – Leap of Faith AG. Diese nimmt die Arbeit im Mai auf.

Mark Liebenberg

Mit dem Budget 2023 war sie beschlossen worden, im Januar lief das Bewerbungsverfahren – gestern nun hat die Stadt Schaffhausen die Katze aus dem Sack gelassen: Das Mandat für die «Koordinationsstelle Innenstadtentwicklung» geht an die Agentur Leap of Faith AG (LoF). Ein Dreierteam um den Schaffhauser Projekt- und Produktmanager – und GLP-Grossstadtrat – Lukas Ottiger soll sich um die Belebung und Attraktivierung der Schaffhauser Innenstadt kümmern.

Das Modell einer solchen Koordinationsstelle ist bereits aus mehreren Schweizer Städten bekannt und wird andernorts schlicht Citymanager genannt. So ein «Kümmerer», wie Stadtpräsident Peter Neukomm es ausdrückte, soll sich um die Koordination und Vernetzung aller Akteure in der Altstadt sorgen. «Die Schaffhauser Innenstadt ist in vielerlei Hinsicht das Herz der Region. Mit diesem Mandat testen wir gewissermassen einen Schrittmacher.» Ziel sei es, auch in Zukunft einen gesunden Mix von Gewerbe, Detailhandel, Kultur und Gastronomie zu erreichen.

Zwei Bewerbungen eingereicht

Obwohl Zürich domiziliert, besteht das Team von LoF aus Leuten, die in der Region verwurzelt sind. Neben dem 51-jährigen Lukas Ottiger, der als Hauptverantwortlicher «das Gesicht und die Stimme nach Aussen» darstellen wird, gehören ihm zwei aus Thayngen stammende Partner an: der als Lichtdesigner weltweit tätige Roger Staub sowie der seit vielen Jahren in Zürich lebende Christoph Eschmann, der aus den Bereichen Marketing und Kommunikation stammt. «Wir gehen mit genug Aussenblick an die Aufgabe, bringen aber genug Gespür für die Region mit», sagte Staub.

Das Trio habe sich gegen nur eine weitere eingegangene «valable Bewerbung» in einem offenen Verfahren durchgesetzt. Namens einer siebenköpfigen Jury aus diversen Verwaltungsabteilungen sagte Linda Breiter vom Sozial- und Sicherheitsreferat: «Überzeugt haben die Jury die genaue Kenntnis, welche die Bewerber für die Stakeholder in der Stadt mitbringen, sowie ihr Enthusiasmus.»

Ottiger erklärte, man habe sich «mit einem ganzen Köcher voller Ideen» beworben. Welche konkreten Vorstellungen dies sind, könne man aber jetzt noch nicht verraten – was dem Prozess geschuldet sei: An einer Kick-off-Veranstaltung noch vor dem Sommer mit allen Akteuren gelte es, die Ideen «erst mal zu validieren», wie Eschmann es formulierte. Ottiger: «Ich freue mich auf diesen Prozess.»

Denn die aus dem Stadtbudget mit 120 000 Franken jährlich für vorläufig zwei Jahre alimentierte Koordinationsstelle hat selber kein Budget, um konkrete Vorhaben umzusetzen. Mit den involvierten städtischen Vereinigungen sollen in einem Prozess, der Co-Kreation genannt wird, konkrete Vorhaben vereinbart werden. Und dann nannte Ottiger doch noch ein konkreteres Beispiel: «Wir haben uns gefragt, ob man etwas so erfolgreiches wie den Glühweinstand zur Adventszeit auf dem Fronwagplatz in einer anderen Form nicht auch in den anderen Jahreszeiten etablieren könnte.» Aber wie gesagt: Konkrete Massnahmen müssten vom städtischen Gewerbe kofinanziert werden, so hat es die Stadt ausbedungen. Peter Neukomm: «Wir erwarten vom Gewerbe jetzt Commitment und Beteiligung.»

Die Bestrebungen gehen zurück auf das Jahr 2015, als ein «City Club» Empfehlungen erarbeitete, wie die Innenstadt attraktiver gemacht werden kann. «Es fehlte damals an der Verbindlichkeit, die Empfehlungen auch umzusetzen», sagt Ottiger. Das soll diesmal anders sein. «Als Ermöglicher möchten wir dazu beitragen, dass die Player in der Stadt agieren und nicht nur reagieren.»

Doch ist Ottiger als aktiver Parlamentarier, dessen Partei politisch des Öftern klar entgegengesetzt zu den Verkehrsanliegen des lokalen Gewerbes (Parkplatzfrage, Tempo 30) gewickelt ist, überhaupt der richtige als Moderator eines Prozesses, den er eng gerade mit den Gewerblern führen möchte? Er sagt: «Ich möchte die Sache professionell und sachlich angehen.» Er bringe eine gute lokale Vernetzung durch frühere kulturelle und politische Engagements mit. An seinem Parlamentssitz werde er festhalten: «Das eine ist ein berufliches Mandat, und das andere ist Politik in einem Milizparlament. Ich sehe da keine Interessenskonflikte.»

Vorab informiert wurden gestern die angesprochenen Verbände. Der Präsident von Pro City sagte gestern gegenüber den SN: «Dass ein aktiver Grossstadtrat den Job macht, ist vielleicht ein kleiner Schönheitsfehler, aber kein Killerkriterium.» Pro City habe von den Ausführungen des LoF-Trios Kenntnis genommen. «Wir stehen hinter dem eingeschlagenen Weg und sind nun gespannt, wie es weitergeht.»

«Wir haben uns mit einem ganzen Köcher voll von Ideen beworben.»

Lukas Ottiger Leiter der neuen Koordinationsstelle Innenstadtentwicklung

Quelle: Schaffhauser Nachrichten – 21. März 2023